Was ist Drink Spiking?

Was ist Drink Spiking?

Bevor wir darüber sprechen, was Drink Spiking ist, möchten wir zunächst folgende Fragen klären:

Warum unterstützen wir einen Ansatz der Täter*innenzentriert arbeitet?

Das ist eine wichtige Frage, die wir euch erklären wollen. Täter*innenzentrierte Arbeit ist kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zur Betroffenenarbeit. Viele bestehende Kampagnen und Hilfsangebote über Drink Spiking befassen sich mit Selbstschutz.

Deutlicher und wiederholt „Nein“ sagen! Getränk nicht aus den Augen lassen! Deckel verwenden! Nicht allein feiern gehen! Diese Maßnahmen sind wichtig, aber sie verlagern Verantwortung von Täter*innen auf betroffene Personen vor UND nach einer Situation. Meinst du nicht, du hast nur etwas zu viel getrunken? Hast du dein Getränk aus den Augen gelassen? Hast du denn nichts gemerkt, dass es anders schmeckt? Wieso hast du denn nicht noch mal nein gesagt? Komm sei, nicht so langweilig! Du bist so witzig, wenn du voll bist!

Wir wollen versuchen, den Menschen ihre Verantwortung bewusst zu machen, Raum für Reflexion geben und Veränderungen schaffen. Würden wir nur warnen und nicht zum Umdenken anregen, lassen wir Raum für strukturelle Gewalt bestehen. Das heißt, wer über Drink Spiking nachdenkt oder womöglich auch ausführt, trägt Verantwortung, denn es ist eine bewusste Entscheidung. Menschlich, moralisch und rechtlich.

Unter “Raum für Reflexion” wird versucht, die Impulse, Motive und Muster zu verstehen, die dahinter stecken, Grenzen überschreiten zu wollen. Aber auch die Aufklärung über Folgen und die Bearbeitung von den bestehenden Konflikten der Menschen kann in Präventionsprogrammen bearbeitet werden, bevor es zur Tat kommen könnte. Prävention fängt mit der ehrlichen Auseinandersetzung mit sich selbst an.

Was bewegt Menschen dazu, überhaupt über Drink Spiking nachzudenken?

Das Ziel besteht darin, andere Menschen – bewusst ohne deren Einwilligung – in einen Zustand zu versetzen, in dem ihre Selbstkontrolle beeinträchtigt ist und sie nicht mehr handlungsfähig sind. Dabei können die Motive und Hintergründe sehr unterschiedlich sein.

Was ist Drink Spiking?

Drink Spiking beginnt nicht erst bei einer Straftat oder dem Zufügen von K.O.-Mitteln (auch: K.-O.-Tropfen, Knock-out-Tropfen, Date-Rape-Drogen oder Vergewaltigungsdrogen). Es beginnt subtiler und häufiger, als viele möglicherweise denken. Also, ab wann überschreiten wir eine Grenze, ohne es vielleicht zu merken?

  • Wenn du einer Freund*in ungefragt Alkohol in den Drink gibst, obwohl er*sie gesagt hat, es sei schon genug gewesen. 
  • Wenn du jemanden überredest, „nur noch diesen einen Shot“ zu trinken, obwohl klar ist, dass die Person betrunken oder anderweitig beeinträchtigt ist. 

Vor allem unter Alkoholeinfluss ist der Mischkonsum mit weiteren Substanzen oft nicht ohne Folgen. Wird etwa ein Joint oder eine MDMA Pille herumgereicht, ohne klare Angaben zur Dosierung, kann das Folgen für die betroffene Person haben. Denn die Person ist so eventuell gar nicht mehr in der Lage die Konsequenzen des Konsums und die eigenen Grenzen selbst einzuschätzen.

Das ist etwas, was wir im Umgang miteinander hinterfragen und die Grenzen unseres Gegenüber klar wahren und respektieren sollten. Alkohol senkt nachweislich die Hemmschwelle und erhöht die Bereitschaft etwas Neues auszuprobieren, dessen Folgen nicht ausreichend oder falsch eingeschätzt werden können. Demnach erfüllt auch das Ausnutzen einer falschen oder beeinträchtigten Selbsteinschätzung eines Menschen das Ziel des Drink Spikings.

Was ist eigentlich Drink Spiking als Definition?

Viele Menschen denken beim Thema Drink Spiking nur an das Zufügen sogenannter K.O.-Mittel. Als K.O.-Mittel werden sedierend wirkende Stoffe bezeichnet, die im Rahmen von Straftaten wie Sexual- oder Eigentumsdelikten genutzt werden, um die betroffene Person zu betäuben und damit wehrlos zu machen. Dies wird auch chemische Unterwerfung genannt. Sie werden betroffenen Personen unbemerkt oder heimlich verabreicht. Die Motive hierfür sind vielfältig. Sie reichen von der Ausübung sexualisierter Gewalt über Kontrolle und Macht, Bloßstellung und Erniedrigung, Spaß und Mutproben, bis hin zu Raub. Aber auch die reine Neugier und der Drang zu Experimentieren können Motive für Drink Spiking sein.

Welche Arten von Drink Spiking gibt es?

Zu den häufigsten aber nicht direkt mit Drink Spiking in Verbindung gebrachten Methoden gehören unter anderem:

  • die gezielte unwissentliche Überdosierung mit Alkohol und anderen Substanzen wie vor allem auch der “eine Joint zu viel”.
  • das Beimischen und Verabreichen von Stimulanzien oder Halluzinogenen
  • die Verabreichung von Medikamenten oder Allergenen, oft mit dem Ziel der Demütigung und Bloßstellung
  • die Zuführung von Abführmitteln

Drink Spiking ist damit nicht auf bestimmte Mittel beschränkt, sondern umfasst eine breite Palette gezielter Manipulationen, die die betroffene Person in eine Lage bringt, in welcher sie die Fähigkeit eigenständig zu entscheiden verliert. Dies birgt potenzielle physische, psychische und soziale Folgen.

Warst du schon einmal betroffen oder beteiligt (gewollt oder ungewollt) ?

Was bewegt jemanden dazu, andere Menschen (egal ob bekannt oder unbekannt) in einen Zustand der Kontrolllosigkeit zu versetzen? Die Motive von ausübenden Personen sind vielfältig. Doch macht jedes Motiv einen Menschen automatisch zur*zum Täter*in?

Wenn du die Frage, ob du schon einmal einen Drink gespiked hast, für dich mit “ja” beantwortest hast und gleichzeitig denkst, es sei ja “nur” um den Spaß gegangen (vor allem bei Jugendgruppen als “coole” Mutprobe vorkommend) oder um den “Restschluck” in der Flasche, den du nicht wegkippen wolltest und der für dich selbst zu viel war – dann solltest du Folgendes bedenken:

Eure gemeinsame Verabredung endet vielleicht, aber nicht die fehlende Selbstkontrolle und die damit einhergehende Hilflosigkeit der betroffenen Person.

Also, noch einmal: Was ist Drink Spiking und wo beginnt es für dich?

Wenn du jetzt darüber nachdenkst und dich mit der erweiterten Definition auseinandersetzt – Hast du dann schon einmal eine Situation erlebt, in der Drink Spiking vorkam? Hast du selbst schon Gedanken daran gehabt, Drink Spiking auszuüben, ohne über die Folgen nachzudenken? (Wir wollen niemanden als Täter*in darstellen oder unbedacht beschuldigen) Diese Fragen sind unbequem, aber wichtig für deine Selbstreflexion und für unseren allgemeinen Umgang miteinander.

Aufklärung beginnt bei uns selbst. Damit meinen wir die Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten, ein achtsames und wachsames Miteinander und die Stärkung einer Kultur des Nachfragens: Ist etwas wirklich gewollt und werden gesetzte Grenzen respektiert?

Was du tun kannst

Unter dem Reiter “Handlungsempfehlungen” findest du konkrete Empfehlungen und Möglichkeiten, die dir zeigen sollen, was du tun kannst, wenn dir etwas auffällt oder du selbst betroffen bist. Unter “Beratungs- und Unterstützungsangebote” findest du Anlaufstellen, an die du dich wenden kannst, wenn du darüber nachgedacht hast, Drink Spiking auszuüben. Auch wenn du schon einmal Gedanken daran hattest, absichtlich einer Person zu schaden.